Dieser Fotograf gleicht einem Poeten. Sensibel und sinnlich  nähert er sich  nur scheinbar unscheinbaren Details. Und formuliert sie wie in einer Grafik. So wird das fotografische Blatt ein Ereignis. In der Begrenzung überrascht der Autor mit Vielfalt, seine Zurückhaltung führt ihn in eine reiche Welt. Wir erleben sie genießend mit ihm. Jeder wird eigenes entdecken und das ist gut so. Wie der Fotograf dem Betrachter unverwechselbar entgegen tritt, so erklingt in uns ebenfalls das eigene Wesen. Es ist einfach schön, in dieser bunten, perfekten Medienwelt, Zwischentöne schwarz-weiß in den unendlichen Nuancen der Stimmungen zwischen Licht und Schattenbildungen zu genießen.

Wer Thomas Heymann kennt, weiß, in seiner Person tritt er eigentlich als energischer Mann auf. Sowohl in seiner Erscheinung  mit Courage, fordernd und aktiv - ein Machertyp in Organisation, klar und eindeutig. So schätzen  ihn die Mitglieder im Sächsischen Fotoverband der Gesellschaft für Fotografie.

Beruflich hat er solide Gesang an der Hochschule für Musik in Weimar studiert. Er ist langjähriges Mitglied des Chores der Leipziger Oper. Das Publikum und wir dürfen ihn eigentlich beneiden. Jeden Abend agiert er auf der Bühne und interpretiert Weltkunst von Wagner bis Verdi.

Heymann liebt die Musik. Sie ist ihm mehr als Job. Aber: Eigentlich hat er dort nichts zu sagen. Während wir auf der anderen Seite  das Gesamtkunstwerk Oper in Abendrobe  bestaunen, gehorcht er dem Regisseur und  dem Dirigat. Er muss tun, was man ihm befiehlt.

 

So gibt es ein Medium, in denen er seine Freiräume sucht und ausfüllt: die Fotografie.

Der 1957 Geborene beschäftigt sich  bereits seit dem 14. Lebensjahr mit diesem Medium. 1997 beginnt er intensiv in schwarz weiß zu arbeiten und widmet sich dem Thema Akt. 

Seit langem ist er Mitglied  des legendären Leipziger Fotoklubs 58. In der Geschichte der Kultur des Landes wird nachzugehen sein, welch vielfältige Kommunikation zur Talententwicklung beitragen konnte. So steht an,  Begriffe wie Amateur oder Berufsschaffender völlig neu zu befragen. Thomas Heymann erhält Preise in bedeutenden Wettbewerben und publiziert. 

Indessen entdecken wir in seinen Bildern einen ganz feinsinnigen sensiblen, vielleicht auch verletzbaren Menschen. Künstlerisch Tätige haben besonders dünne Häute. Sie spüren mehr als andere. Nehmen Zwischentöne sehr vielschichtig wahr. Optisch, akustisch, tastend…wie wir alle ganzheitlich. Sein Abbilden wird mehr, etwas von sich mitteilen, sich ein Bild machen, übersetzen in eine neue Welt.

Übrigens, der Begriff Struktur kommt aus dem Lateinischen, structura, und bedeutet eigentlich Gefüge des Mauerwerks, Bauweise. Er meint die Beziehungen zwischen den Teilen eines Systems als innerer Zusammenhang. Als Prinzip von innerer Organisation. Auch Bilder entstehen nach einer Ordnung von Farbe und Form, durch die Führung des Pinsels, den Strich der Feder, der Schraffur im Kupferstich beispielsweise. So wird Aussage transportiert und für den Betrachter ablesbar und erlebbar. Der Fotograf gestaltet ebenso. Nur mit seinen Mitteln.

Schon vor Jahrhunderten nutzten Künstler die Camera obscura als Mittel zum Zweck und komponierten ihre eigene Aura hinzu. Natürlich ist die Geschichte der Fotografie seit 1839  selbst außerordentlich reich davon. Zwar hieß es erst: Die Kunst ist tot! Es lebe die Fotografie! Doch befruchteten sich die Medien gegenseitig. Künstler brauchten nicht mehr „nur“ abbilden, was gute Leute ohnehin nicht taten. Fotografen experimentierten, komponierten sehr wohl in ihren Studios. Felix Nadar stellte sein Atelier den zunächst beschimpften, heute weltberühmten Impressionisten zur Verfügung. Hermann Krone im Deutschland des 19. Jahrhunderts studiert sogar an der Dresdner Kunsthochschule bei dem Romantiker Ludwig Richter. In der Moderne äußern sich Künstler wie Man Ray, El Lissitzky und, und, und…über Fotografie. Auch nonfigurativ.

 

Fotografie heißt eigentlich vom Wort her: mit Licht schreiben. 

Wie viel Feinsinnigkeit und Zwischentöne können sie erleben. So arbeitet Thomas Heymann nach wie vor im Labor. Die digitale Kamera nimmt er nur gleichsam zum Protokoll mit auf den Weg bei seinen Reisen. Zarte Tonwerte entstehen traditionell. Es ist wie ein Spiel mit der Wirklichkeit. Die Architektur wird zur Struktur. Was sie ja eigentlich auch ist. Ein gotischer Bau besteht aus einem wohl errechneten Skelett wie heute ein modernes Hochhaus. Beides ist umbauter Raum des Menschen. 

 

Wir sehen sie, die unterschiedlichsten Menschen in ihrer Schönheit - im zarten Akt, in der Begegnung der Generationen, in der Selbstinszenierung junger Leute. Und man spürt in den Landschaften die tief empfundene Beziehung  zur  uns umgebenden Natur, deren  Teil wir sind. Eine schier unendliche Kette.

 

Aus solch Vielfalt schöpft Thomas Heymann und fügt die eigene hinzu.

 

 

Markus Krebs

Dozent Kunst Dresden


KUNST AKTUELL  5./6. 2002  S.26/27

 

Leipzig – Thomas Heymanns Ziel ist es , Fotografien zu machen die über den Bildgegenstand hinausweisen. Das Kompositorische ist ihm wichtiger als die äußere Erscheinung der Dinge, die die Kamera erfasst. Das Bild wird von Heymann in ein neues Ereignis umgewandelt, das dann der Betrachter entdecken soll.

 

 

„und siehe es... “

 

„ ... ein Bild soll keinen Titel brauchen, sondern ins ich muss es so informativ sein, dass seine Aussage der Betrachter assoziieren kann... “, so Thomas Heymann; geboren 1957 in Altenburg/Thüringen. Von 1977 bis 1981 Gesangstudium an der Musikhochschule Weimar. Er ist seit 1987 Mitglied des Chores der Oper Leipzig. Ab 1994 beteiligte er sich erfolgreich an Fotowettbewerben und wurde 1996 Mitglied im Sächsischen Fotoverband. 1999 und 2000 erhält er den „Preis für Aktfotografie“ des Porträt- und Aktfotowettbewerbes. Bisher sind neben Veröffentlichen in verschiedenen Publikationen drei Kalender mit seinen Fotoarbeiten erschienen.

 

Um vom Vorgegebenen, dem greifbar Sichtbaren zur Komposition zu gelangen, befreit Thomas Heymann seine Fotografien von störenden visuellen Fakten, wie auch von der Dominanz der Flächen und Strukturen, so dass eine dem Bildmotiv gerecht werdende poetische Wahrheit sichtbar werden kann. Sein Ziel ist es über das zu Sehende durch durch Herausgreifen eines Details auf Prägnantes hinzuweisen, dabei ist die äußere vorgefundene Erscheinung zwar wesendlich, aber doch nur von sekundärer Bedeutung, denn Thomas Heymann wird durch seinen Arbeit das Bild umwandeln und eine neue kognitive Deutung sichtbar werden lassen.

 

Thomas Heymann kuliviert einerseits die Fähigkeit mit dem zufällig Gesehenen so umzugehen, dass es durch seine Fotoarbeit, als Metapher gleichnishafte Bedeutung gewinnt, die zusammen mit dem Wort – als Text oder im Gesang – auf diese Art neue Sinninhalte erfahren kann..

Andererseits ist es für Heymann prägnant, dass scharfe Umrisse, starke Kontraste und Lineares so zu sehen sind, dass mehr als nur eine Bildebene existiert, die 3-Dimensionalität des Realen ist erhalten geblieben und verstärkt sich kognitiv beim Betrachter. So erzeugt er eine Spannung zwischen dem Offenbaren und dem, was sich als neuen visuelle Entdeckung herausbildet.

 

Die Arbeiten von Thomas Heymann –ob Landschaften Architektur oder Akt- sind von einer großen lyrischen Schönheit getragen durch die er uns auffordert die uns umgebene Welt an- und aufzunehmen ihrer eigenen Schönheit wegen.

 

Axel-Alexander Ziese

 Thomas Heymann, photographer 

 

Leipzig – Thomas Heymann`s goal is to transport the viewer beyond the object of his photographs. Compositional aspects of a photo are more important to him than the mere external representation of the subject depicted. Heymann transforms a photograph into an event, a new world for the observer to discover.

 

“Look at this…!”   or “See and behold…!”

 

“A photo shouldn`t need a title.  A photo itself should contain all the information necessary for its viewer to make his own associations as to its meaning.” Thus Thomas Heymann. Born in Altenburg, Thuringia (Germany) in1957, Heymann studied voice at the Weimar Conservatory of Music from 1977 to 1981 and has sung in the chorus of the Leipziger Opera since 1987. In 1994 he participated successfully in photography competitions and in 1996 became a member of the Photographic Society of Saxony. In 1999 and 2000 he received the “Prize for Nude Photography” in the competitive category “Portraiture and Nudes” . In addition to publication in various periodicals, three calendars have featured Heymann`s work.

 

To achieve compositions which transcend the mere representational, Thomas Heymann liberates his photography from superfluous visual distractions, as well as from the dominance of surfaces and structures, so that the poetic truth of the object depicted may become visible. By accentuating the impact of specific details, he indicates the means by which a viewer may transcend the merely visual. Naturally, an external chosen subject is essential to Thomas Heymann`s vision, yet the object photographed would become of secondary importance to the realisation of new cognitive perceptions which he strives for in his work.

 

Thomas Heymann cultivates on the one hand the ability to treat casually seen objects so that they acquire added significance, such as, metaphorically speaking, the spoken word obtains when composed into a lyric, or a lyric into a song. On the other hand, Heymann employs sharply-focused outlines, strong contrasts, and such linear configurations that the photograph emerges from its flat surface retaining its three-dimensional origins, thus strengthening its cognitive impact on the viewer. In this way he facilitates an artistic tension between representational appearances and fresh visual revelations.

 

 

Whether depicting landscapes, architecture or the nude human body, Thomas Heymann`s work reveals a fundamental lyricism which inspires us to perceive the world around us with new eyes for its intrinsic beauty.

 

 

Axel Alexander Ziese, “Kunst Aktuell” Mai 2002

(Translate Michael Chu)